Untersuchungen zum Rotmilan in Schleswig-Holstein
aufgrund anhaltender Funde von vergifteten Vögeln
Eine kurze Zusammenfassung
Die Saison 2023 war die dritte Saison im Patenschaftsprojekt Rotmilan und startete mit einer unschönen Entdeckung. Bei der gemeinsamen Kartierung mit den Patinnen im Norden des Projektgebietes fanden wir das Weibchen prädiert auf dem Nest vor. Das Männchen blieb im Revier und baute noch ein paar Tage mit einem neuen Weibchen an einem anderen Nest, zur Brut kam es aber nicht mehr.
Eine Analyse der besetzten Reviere im Projektgebiet zeigt, dass in den drei Jahren ähnlich viele Reviere besetzt waren, aber 2023 deutlich weniger Paare zur Brut schritten und auch die Zahl der erfolgreichen Paare geringer als in den Vorjahren waren.
Der Gesamtbruterfolg, der mittels aller (erfolgreichen und nicht erfolgreichen) Brutpaare ermittelt wird, war 2023 mit 0,82 ausgeflogenen Jungen je Brutpaar ähnlich wie 2021 (0,81), aber niedriger als 2022 (1,07). Bei den schleswig-holsteinischen Erfassungen für das Projekt Land zum Leben von 2015 bis 2019 lag der Bruterfolg auf einem ähnlichen Niveau.
An zehn Fundorten im Projektgebiet waren zwischen 2018 und 2020 entweder tote Altvögel gefunden worden oder wie im Revier Blunker Bach verschwunden. In sechs Fällen konnte dem Totfund ein Brutplatz zugeordnet werden.
Nach erfolgter flächendeckender Brutbestandserfassung zeigte sich, dass 2021 lediglich vier der sechs Brutplätze, in denen Altvögel (von 2018 bis 2020) tot aufgefunden wurden oder verschwanden, wiederbesiedelt worden waren. 2022 waren ebenfalls vier Reviere wiederbesetzt, 2023 nur noch drei.
2023 wurde kein Verdachtsfall auf absichtliche anthropogene Verfolgung für das Projektgebiet bekannt. Die hohe Anzahl an aufgegebenen oder nicht begonnenen Bruten gibt aber zu denken und ist durch Prädationsnachweise und eine festgestellte unabsichtliche Störung nicht ausreichend zu erklären. Zumal der Bruterfolg in einigen anderen Regionen Schleswig-Holsteins 2023 sehr gut war. Es bleibt also einiges zu tun und gibt uns Anlass die Methodik weiterzuentwickeln.
2023
Das Projektjahr 2023 hat es in sich. Das Frühjahr war wettertechnisch zur Haupterfassungzeit bis Ende April sehr launisch, Regen und Wind haben die Erfassungen zwar nicht unmöglich gemacht, aber auch nicht eben erleichert. Einige der in der Untersuchungsfläche gefundenen Rotmilanpaare scheinen das Brutgeschäft schon aufgegeben zu haben, ohne das eine konkrete Ursache als Grund benannt werden kann.
Wie auch in den anderen Jahren sollte eine Nestkamera installiert werden. Das ist auch geschehen, durch technische Probleme verzögerte sich aber der Empfang des Kamerasignals für eine Liveüvertragung. Die Probleme konnten beseitigt werden und für kurze Zeit war das Nest im Internet zu betrachten
Mehr dazu auf der Seite NESTKAMERA
Dieses Nest liegt außerhalb der Projektfläche, es musste ein Standort gefunden werden, der einen Internet- und Stromanschluss ermöglicht. Erstaunlich hoch in einer Buche gelegen, so dass ein 25 Meter langes Netzwerkkabel bis nach unten nicht ausreichte.
Beim nächsten Versuch das Geschehen am Nest online zu bringen war schon was geschehen. Nur noch ein Küken sitzt im Nest vom anderen zunächst keine Spur. Das verbliebene aber war putzmunter. Es knabbbert an Beutestücken am linken Nestrand, putzte sich ausgiebig und wartete auf Nachschub. Den Klecksen unter dem Nest auf dem Waldboden zu urteilen, scheint das zweite Küken noch nicht lange zu fehlen, denn für einen Jungvogel war das doch reichlich Material.
Die Spur befand sich auf dem Waldweg zum Nest gute 50 Meter entfernt. Der einzige Hinweis auf ein Rotmilandküken ist dieser Federrest einer Handschwinge die in der Entwicklung noch in der Federscheide steckt. Ein Zufallsfund, der den möglichen Verlauf der Geschichte dokumentiert: Das Nest ist sehr klein, auch das eine Küken hat nicht so viel Platz. Bei zwei Jungvögeln wird der Platz schnell eng und beim Gerangel um das Futter, wenn ein Altvogel kommt, kann es passieren, dass ein Jungvogel abstürzt. Der Jungvogel am Boden ist nicht in der Lage wieder in das Nest zurückzukommen. Klettern am glatten Buchenstamm ist unmöglich, zurückfliegen ebenfalls. Hier wird vermutlich ein Bodenräuber seine Chance genutzt und das Küken verspeist haben.
So hätte es sein können, aber der Verlust des zweiten Kükens macht diese Theorie zunichte, siehe dazu die Seite NESTKAMERA